Aus Siebel/Winkler: Noosomatik Bd. I Nr.I.1.7.2.
Die genuinen Gefühle und ihre Gefühlsumwandlungen
1.7.2.1. Geborgenheit
1.7.2.2. Freiheit
1.7.2.2.1. Treue
1.7.2.3. Gerechtigkeit
1.7.2.4. Macht
1.7.2.4.1. Exkurs: Zum Schuldempfinden
1.7.2.5. Annahme
1.7.2.6. Hingabe
1.7.2.7. Gewissheit
1.7.2.1. Geborgenheit ist jenes Gefühl, in dem wir unseren Geist als Einsicht erleben, in der unser Körper die Fähigkeit gibt, die Konkretion einer Abbildung zu deuten: Ja sagen zur Einheit (von Körper, Seele und Geist) des Menschen.
Die GU führt zur Fremdheit, durch die Einsichtiges mit Hilfe von Vorausurteilen verändert wird: es entsteht die Todesidee als Erinnerung an Verwundungserfahrungen.
1.7.2.2.
Die GU führt zur Ablehnung des in die Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit Ent-lassen-seins, ohne dass dies selbst als eine Entscheidung erkannt und als solche benannt wird.
1.7.2.2.1. Treue ist jenes aus der Freiheit entstehende Gefühl, in dem wir unseren Mut als Quelle erleben, aus der Energien unseres Wollens zur beschreibbaren Anschauung kommen und Zusammenhänge sich zeigen: Ja sagen zur Selbstigkeit des Selbst (per effectum: Ja sagen zur Menschlichkeit des Menschen.
Die GU führt zur Ablehnung, durch die Anschaubares als Sache verwertet wird: es entsteht der Moralismus als Abbildung der Starre des Gut-dastehen-wollens.
1.7.2.3. Gerechtigkeit ist jenes Gefühl, in dem wir die Weite des "lebens" als einen Raum erleben, in den unser Körper antwortend weist, Gefügtheiten in der Umgangserfahrung dürfend sichtet und darin Lernfähigkeit offenbart: Ja sagen zur "Seelischkeit" des Menschen (per effectum: Ja sagen zur Richtigkeit des Menschen).
Die GU führt zur Sorge, die Umgang begrenzt auf die Fiktion, die Existenzberechtigung noch nachweisen zu müssen, und verrätselt das wirkliche Dürfen: es kommt zum Libertinismus, der Freiheit über eine Negation als "Freiheit von ..." (statt "Freiheit für ...") definiert.
1.7.2.4. Macht ist jenes Gefühl, in dem wir den Sinn unseres "lebens" als eine Frucht erleben, durch die unser Geist unterscheidungsfähig wird und unsere Verwundbarkeit sich zum Vermögen fügt, frag-würdig sein zu sollen: Ja sagen zur Geistigkeit des Menschen (per effectum: Ja sagen zur Sinnhaftigkeit des Menschen).
Die GU führt nootrop beim Mann zur Angst und sucht Zuflucht in der Tyrannei, um von und/oder durch andere zu leben; die GU konstruiert durch Vergrübeln Not beim Gegenüber, die die eigene zu sein vorgibt: die Schuldfrage blockiert dann (zusätzlich) jede Erkenntnis und deutet die Verwundbarkeit der Gefühle nicht als Wert, sondern als Schwächung. Bei der Frau führt die GU zu unmittelbaren körperlichen Reaktionen durch Überbetonung des Parasympathikus (Magenprobleme, Durchfälle u.Ä.), was als somatotrope Erscheinung auch bei Männern anzutreffen ist, wenn die Angst überdehnt wird.
1.7.2.4.1. Exkurs: Zum Schuldempfinden
Bei der Schuldfrage gibt es bekanntlich zwei Möglichkeiten:
a) die monokelorientierte Behauptung, der/die/das andere sei schuld, was entweder auf Zustimmung oder auf ein Kampfangebot hinausläuft;
b) die moralisch einwandfreie Erklärung: "Ich bin schuld".
Es scheint oft klüger zu sein, die zweite Möglichkeit anzuwenden, da durch sie mehr (im Sinne der 1.Umdrehung in der VA und von den Wirkungen der anschließenden 2.Umdrehung abgeleitet) Verhaltensmöglichkeiten Anwendung finden können, denn das Gegenüber hat die Möglichkeit
a) nachzuweisen, dass es auch beteiligt war;
b) großzügig zu vergeben;
c) mit Hilfe einer Entlastung hinterherzubetteln;
d) selbst etwas zum Schuldigsprechen anzubieten (ein Fehlverhalten, körperliche Übelkeit, Zorn usw.).
Die Variationsbreite ist auch für den Menschen größer, der sich schuldig bekennt:
a) er kann sich häufig für schuldig bekennen, braucht deshalb sein Verhalten nicht zu ändern und erweist die Abwertung der anderen, die noch immer mit ihm zu tun haben wollen;
b) durch das Schuldbekenntnis soll das Strafmaß beeinflusst werden, was dann selbst be-gut-achtet werden kann, wodurch der andere gegebenenfalls noch schuldiger werden kann, wenn das erwartete Strafmaß zu hoch ausfällt;
c) der routinemäßig vorgetragene regelmäßige Gesprächsstoff schützt vor anderen Themen oder Torheiten;
d) die notwendige Abarbeitung der Schuld wirkt planmäßig in die Zukunft.
1.7.2.5. Annahme ist jenes Gefühl, in dem wir Hoffnung als einen Inhalt erleben, durch den unsere Seele Achtung gegenüber der Gewissheit von Seindürfen wirkt und Herausforderungen wissend als Erscheinung erkennen kann: Ja sagen zur Körperlichkeit des Menschen (per effectum: Ja sagen zur Gefordertheit des Menschen).
Die GU führt zum Hass, der ver-sucht, durch Projektion ein externes Paradies zu fordern, und so die eigenen positiven Möglichkeiten ver-wirft, um sie von andern zu erzwingen. Hass definiert Hoffnung final, als wäre Inhalt von Hoffnung erst noch zu ver-wirklichen.
Inhalt von Hoffnung ist erkennbar. Was erkennbar ist, ist bereits und muss nicht erst noch ins Sein gerufen werden. Die finale Definition von Hoffnung führt in eine Utopie, die getarnter Fatalismus und als paranoides Vorausurteil zu deuten ist. Inhalt von Hoffnung kann nur causal verstanden werden; mit ihm wurden wir bereits geboren: die Gewissheit von Seindürfen. Andere Verständnisse des Begriffs Hoffnung meinen Wünsche, Sehnsüchte, Ideen und sollten auch so benannt werden.
1.7.2.6. Hingabe ist jenes Gefühl, in dem wir Weisheit als Lust erleben, durch die unsere Person, Sensualität erhaltend und Wahrheit nehmend, als Existenzweise sich lösen muss (aus der Vergangenheit in die Gegenwart): Ja sagen zur Gefühligkeit des Menschen (per effectum: Ja sagen zur Gegenwärtigkeit des Menschen).
Die GU führt zur Trauer, die mit Hilfe von Anpassung (der Gegenwart an vergangene Erfahrungen) verdrängt, dass Wahrheit sich selbst erklärt. Es kommt zum Erotismus (4), in dem die Person sich narzisstisch um sich selbst dreht.
1.7.2.7. Gewissheit ist jenes Gefühl, in dem wir Erfahrung als Freude erleben, durch die unser Selbst, dem Klarheit widerfährt, Sein fasst und als menschliche Mitte das Zeugnis unserer Primäridentität wahrt: Ja sagen zur Gelebigkeit des Menschen (per effectum: Ja sagen zur Relationspotenz des Menschen).
Die GU führt zur Furcht, die mit Hilfe von gemachtem Leid das Selbstverständnis von "leben", das mir im "lieben" zuteil wird, verrät: es kommt zum Passionismus, ein mit Leidenschaft Leiden.